Zum Flanieren ist Hamburgs Hauptbahnhof ideal. Die ganze Welt kommt und geht, vom reichsten Pinkel bis zum ärmsten Trinker. Es fahren ein und aus die ICEs, die Regional- und die S-Bahnzüge. Ein paar Schritte und der Flaneur ist am ZOB, von wo aus er – preiswert wenn auch nicht so bequem – nach Berlin, nach München oder nach Istanbul fahren kann, wenn er kein Geld für eine Bahnfahrkarte hat.
Als Verabredungsort ist der Hauptbahnhof allerdings tü-ckisch, denn er ist kein Kopfbahnhof. Steigt man aus, gibt es zwei Treppen zur Wandelhalle. Es ist sehr leicht, sich zu verpassen. Deshalb verbredet sich der Flaneur mit seinen Besuchern von auswärts immer vorm Reisezentrum. (Wie schön, dass es Reisezentrum heißt und nicht Reisecenter!)
Da tritt man Richtung Kirchenallee aus dem Hauptbahnhof auf den Bahnhofvorplatz hinaus und wird sogleich mit klassischer Musik beschallt. Was sich so kultiviert anhört, ist jedoch perfide. Die Hauptbahnhofbetreiber haben die Obdachlosen vertrieben. Sie halten sich jetzt in St. Georg auf. Mit der Musik versuchen sie den Platz aufzuwerten. Aber was ist ein Bahnhof ohne unsere ungewaschenen und unbehausten Mitmenschen? Kein Bahnhof. Alles menschliche Leben ist dort, sagt man.
In Hamburg leider nicht mehr. Die Obdachlosen sind kein Problem sondern Teil unseres Lebens, mit denen wir uns zu arrangieren haben. Und sie lehren uns Mitleid - und Dankbarkeit, dass es uns immer noch gut geht.
Vom Hauptbahnhof aus ist vieles in unserem wunderbaren Hamburg erreichbar. Das Deutsche Schauspielhaus ist gerade gegenüber, das Museum für Kunst und Gewerbe, die mit Schätzen vollgestopfte Zentralbücherei und das Zelt der sogenannten Lampedusaflüchtlingen ein paar Schritte entfernt, sowie in anderer Richtung die feine Mönckebergstraße, wo der Flaneur sich erinnern kann, dass es sehr, sehr viel Geld in Hamburg gibt, nur leider nicht in seiner Tasche. Ein bisschen muss er schon laufen, um dann vor einer Hamburgs Herrlichkeiten zu stehen: der...
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