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Zeit als Zutat

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Peter Becker und Mitarbeiterin Angelina Rudi bei der Teigproduktion für Zimt-Franzbrötchen. Foto: Tsilis Von Andreas Tsilis. Peter Becker steht in seiner Backstube in Marmstorf und knetet den Teig. Vom Roggenvollkornbrot bis zur Hochzeitstorte – die Geschäfte laufen gut. Aber über seinen Umsatz mag der Herr über sieben Filialen nicht sprechen. Nur soviel: 20 Prozent Zuwachs wäre ein Ziel, „ein Fachmann könne sich ausrechnen, was dann unterm Strich rauskommt“, sagt der 67-Jährige. Becker steht dabei für moderates Wachstum. „Ohne Hektik und ohne die Strukturen zu ändern.“ Um seine Branche muss sich der Bäcker aus Leidenschaft Sorgen machen. Die Konkurrenz von Discountern und Backshops setzt den Handwerksbetrieben zu. Die werden mit industriell hergestellten halbfertigen Produkten beliefert, die nur noch „abgebacken“ werden, wie Becker diesen Industrievorgang recht leidenschaftslos nennt. Wozu braucht man also noch das traditionelle Handwerk? Die Antwort kommt prompt. „Der Bäcker bietet ein Stück Lebensqualität und außerdem ist frisch gebackenes Brot einfach gigantisch.“ Zusatz- und Hilfsstoffe, die den Teig geschmeidiger, das Brot haltbarer machen, lehnt Becker ab. Statt Chemie, Tricks und Labortechnik, nutzt der Marmstorfer das kostbarste Backmittel, das es gibt: Die Zeit. So dauert es beispielsweise drei Tage bis aus Salz, Mehl, Hefe, Wasser, bayrischen Gewürzen, Anis, Kümmel und viel Handarbeit das „Bayernnatur“ wird. Ein Zweikilo-Laib, den er kürzlich mit der TU-Harburg entwickelt hat. Hundert Prozent Natur - keine Zusatzstoffe. Sein „Lürader“, das Gegenstück zum „Bayernnatur“, wiegt sogar drei Kilo und ist ebenfalls „lupenrein“. Das Getreide wächst im gleichnamigen Marmstorfer Ortsteil, dort steht auch die Getreidemühle. Der Vergleich mit „Bio“ drängt sich auf, Becker schüttelt den Kopf. „Brot ist ein simples Produkt, Bio eine Glaubenssache.“ Solche zusätzlichen Qualitätssiegel brauche er nicht, ihn bewegen ganz andere Dinge. Zum Beispiel die Anerkennung der deutschen Brotvielfalt als „immaterielles Weltkulturerbe“. Peter Beckers Augen...

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