Harry hat Pferdeschlachter gelernt. Das war vor 35 Jahren. Die Aussicht, als Angestellter zu arbeiten, gefiel ihm nicht. Was tun?
Er kaufte einen Verkaufswagen. Seine Frau Bianca stand ihm zur Seite. Sie verarbeiteten eingekauftes Pferdefleisch zu Wurst. Dann gingen sie auf die Wochenmärkte in Hamburg. Ihr Zuhause war immer Norderstedt.
Ihr Verkaufswagen, „Harry´s Ross-Spezialitäten“, ist auf dem Harburger Wochenmarkt ein bekannter Anblick. Pferdefleisch war auch vorher den Harburgern nichts Fremdes. Es gab bereits die Rossschlachterei Schulenberg in der Reinholdstraße (nahe dem Phoenix
Zentrum).
Allerdings verkauft die Pferdeprodukte bei uns in Harburg nicht Mutter Bianca und nicht Vater Harry, sondern die hübsche junge Tochter Nadine. Sie ist von Kindesbeinen an im Betrieb dabei. Das ist unerlässlich, denn die Arbeitsanforderungen sind hoch. Nadine bezweifelt, ob ein Fremder die bewältigen könnte.
Sie hat zum Beispiel nur einen freien Tag in der Woche (den Donnerstag), aber auch am Donnerstag ist sie dabei, Notwendiges für den Betrieb einzukaufen. Dieses Leben ist nicht für jeden. Es erfordert vollen Einsatz. Du musst Dich komplett mit dem Betrieb identifizieren. Das kann Nadine um so leichter, da sie ihre eigene Chefin ist. Mutter, Vater und Tochter führen je einen selbständigen Betrieb. Ihr Freund übrigens (wäre es anders zu erwarten?), ist auch ein Marktbeschicker.
Und die Pferde? Sie kommen von einer Pferdeschlachterei in Tornesch, wo lahme, gebrechliche Tiere verenden. Mit anderen Worten: Die Tiere werden notgeschlachtet, zum Beispiel aufgrund von Huf- oder Beinverletzungen. Keine schöne Vorstellung, gewiss.
Aber vergessen wir nicht, dass jedes Mal, wenn wir ein Bissen Fleisch in den Mund schieben, es sich um ein Tier handelt, das von Menschen getötet wurde. Genauso ist es bei Harry´s Ross-Spezialitäten, nicht besser, aber auch nicht schlechter.
Kolumne
Regelmäßig schreibt der Harburger Flaneur im Elbe Wochenblatt am Wochenende. Unserem...
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